Hören, Sehen, Verstehen

Sehbeinträchtigung

 

Sehbeeinträchtigung, Sehbehinderung, Sehschädigung, hochgradige Sehbehinderung, Sehschwäche, praktische Blindheit - viele Begriffe, schwer einzuordnen.

 

Die UN-Konvention für die Rechte von Menschen mit Behinderungen beruht auf dem sozialen Modell, welches Behinderung auf gesellschaftliche Barrieren und fehlende Unterstützung zurückführt. Es ersetzt das medizinische Modell, das sich wie die sozialrechtlichen Definitionen auf individuelle Funktionsbeeinträchtigungen stützt. Als behinderte Menschen im Sinne der Konvention gelten daher alle, die auf Grund von Wechselwirkungen zwischen individuellen Schädigungen und "verschiedenen Barrieren" an der vollen gesellschaftlichen Teilhabe gehindert werden (Art. 1).

Im pädagogischen Kontext geht es vor allem darum, die verschiedenen Bedingungen, unter denen Teilhabe und Wissenserwerb von Schülerinnen und Schülern mit Sehbeeinträchtigung stattfinden kann, zu verstehen, anzuerkennen und Partizipationsmöglichkeiten zu schaffen.


 

Sehbeeinträchtigung aus medizinischer Sicht

 

Eine Sehbehinderung liegt vor, wenn

  • der Visus des besseren Auges nach Korrektur 1/3 bis 1/25 (0,33) beträgt oder
  • das Gesichtsfeld erheblich eingeschränkt ist

Blindheit liegt vor, wenn

  • der Visus am besseren Auge kleiner oder gleich 0,02 beträgt oder
  • bei einem Visus bis zu 0,1 mit einer röhrenförmigen Gesichtsfeldeinschränkung von < 15°.

     


Sehbeeinträchtigung aus sozialrechtlicher Sicht

 

Für hochgradig sehbehinderte und blinde Personen sehen die Österreichischen Pflegegeldgesetze eine diagnosebezogene Einstufung vor. Das heißt, dass auf Grund des Grades der Sehbehinderung automatisch eine bestimmte Pflegegeldstufe zuerkannt wird.

Seit 1. Jänner 1999 gilt folgender Text des Bundespflegegeldgesetzes (BPGG § 4a), der in den einzelnen Landespflegegeldgesetzen übernommen wurde:

Bei hochgradig sehbehinderten Personen ist mindestens ein Pflegebedarf der Stufe 3 anzunehmen. Als hochgradig sehbehindert gilt, wer am besseren Auge mit bestmöglicher Korrektur

  • einen Visus von kleiner oder gleich 0,05 (3/60) ohne Gesichtsfeldeinschränkung hat oder
  • einen Visus von kleiner oder gleich 0,1 (6/60) in Verbindung mit einer Quadrantenanopsie hat oder
  • einen Visus von kleiner oder gleich 0,3 (6/20) in Verbindung mit einer Hemianopsie hat oder
  • einen Visus von kleiner oder gleich 1,0 (6/6) in Verbindung mit einer röhrenförmigen Gesichtsfeldeinschränkung hat.

Bei blinden Personen ist mindestens ein Pflegebedarf der Stufe 4  anzunehmen. Als blind gilt, wer am besseren Auge mit bestmöglicher Korrektur 

  • einen Visus von kleiner oder gleich 0,02 (1/60) ohne Gesichtsfeldeinschränkung hat oder
  • einen Visus von kleiner oder gleich 0,03 (2/60) in Verbindung mit einer Quadrantenanopsie hat oder
  • einen Visus von kleiner oder gleich 0,06 (4/60) in Verbindung mit einer Hemianopsie hat oder
  • einen Visus von kleiner oder gleich 0,1 (6/60) in Verbindung mit einer röhrenförmigen Gesichtsfeldeinschränkung hat.
     

Sehbeeinträchtigung aus pädagogischer Sicht

 

Sehbeeinträchtigung bedeutet im pädagogischen Kontext, dass Kinder und Jugendliche mit ihren spezifischen Sehbedingungen sowohl optische als auch elektronische Hilfen sowie auch andere Sinnesmodalitäten nutzen, um sich in Lern- und Handlungssituationen zu orientieren.  

Bei hochgradiger Sehbeeinträchtigung kann es nötig sein, neben oben genannten Hilfen auch Blindentechniken zu nutzen.

Blindheit bedeutet, dass Kinder und Jugendliche sich mit ihrer Umwelt weitgehend oder gänzlich mit Hilfe ihrer anderen Sinne, d.h. akustisch, taktil, haptisch, kinästhetisch, gustatorisch und olfaktorisch auseinandersetzen.

Hör-Sehbeeinträchtigung bedeutet, dass Kinder und Jugendliche mit ihren spezifischen Hör- und Sehbedingungen teils optische und teils akustische, vor allem jedoch andere Sinneskanäle (taktil-haptische, olfaktorische, vestibuläre, kinästhetische und gustatorische) nutzen, um mit der Umwelt zu kommunizieren.

Zerebrale Sehschädigung bedeutet, dass Kinder und Jugendliche auf visuelle Angebote sehr individuell, manchmal blindenspezifisch, manchmal unter Nutzung ihres Sehvermögens reagieren.

Sehbeeinträchtigung kann mit fortschreitenden Krankheiten, Entwicklungs- und Lernbeeinträchtigungen einhergehen. Diese Kombination stellt eine Mehrfachbehinderung oder eine Behinderung mit erhöhtem Förderbedarf dar.